Indien hat in den letzten Jahren einen rasanten wirtschaftlichen Aufstieg hingelegt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Bereits innerhalb der nächsten vier Jahre soll die Volkswirtschaft Indiens beispielsweise größer als die Volkswirtschaft in Deutschland oder Japan sein. Allein für das laufende Haushaltsjahr sind Investitionen von USD 134 Milliarden geplant.
Für deutsche Unternehmen wird es daher zukünftig von hohem Interesse sein, an diesem wirtschaftlichen Erfolg zu partizipieren, indem sie ihre Geschäfte auf den indischen Markt ausweiten und eine eigene Gesellschaft in Indien gründen. Die Key Facts hierzu zeigen Alexander Reiner und Maximilian Stanglmeier auf.
Die Gesellschaftsform „Private Limited Company”
Eine hierfür geeignete und die in Indien am häufigsten vorkommende Gesellschaftsform ist die sog. „Private Limited Company“, die inhaltlich und strukturell einer deutschen GmbH ähnelt. Hauptmerkmal ist die nur auf die Kapitaleinlage beschränkte Haftung der Gesellschafter.
Voraussetzungen für die Gründung
Die Gründungsvoraussetzungen unterscheiden sich deutlich von einer deutschen GmbH:
- Mindestens zwei Gründungsgesellschafter (Subscribers), die aber keine indische Staatsangehörigkeit aufweisen bzw. ihren Sitz nicht in Indien haben müssen. Die Gesellschafter können entweder natürliche oder juristische Personen sein. Wenn die Gesellschaft als hundertprozentige Tochtergesellschaft gegründet werden soll, kann ein Gesellschafter ein Gesellschafter des anderen sein und nur einen geringen Anteil an der Gesellschaft besitzen.
- Kein Mindeststammkapital erforderlich.
- Mindestens zwei Geschäftsführer (Directors), von denen einer ein „ansässiger Geschäftsführer“ sein muss. Gemäß dem indischen Gesellschaftsrecht kann ein ansässiger Geschäftsführer eine Person sein, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Indien hat, d. h. im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens 182 Tage in Indien gewohnt haben muss. Im Falle einer unterjährigen Gründung gilt dies anteilig für das Gründungsjahr. Für einen ansässigen Geschäftsführer ist keine indische Staatsbürgerschaft erforderlich und selbst ein ausländischer Staatsbürger, der die oben genannten Aufenthaltskriterien erfüllt, kann als ansässiger Geschäftsführer in einem indischen Unternehmen bestellt werden. Jede Person, die als Geschäftsführer in einem Unternehmen bestellt werden soll, sollte außerdem über eine gültige „Director Identification Number“ („DIN“) und ein gültiges „Digital Signature Certificate“ („DSC“) verfügen.
Ablauf der Gründung
Die Gründung und der Betrieb einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Indien wird in erster Linie durch den Companies Act, 2013 („CA 2013“) sowie durch verschiedene, auf dessen Grundlage formulierten Regeln und Vorschriften, reguliert. In Indien eingetragene Gesellschaften werden vom Ministry of Corporate Affairs, Government of India („MCA“) streng reguliert und überwacht, wobei die meisten Staaten in Indien über ein eigenes Registrar of Companies („RoC“) verfügen, das unter der Leitung des MCA tätig ist. Zusätzlich müssen Unternehmen, die mit ausländischen Investitionen gegründet wurden, auch die Bestimmungen des indischen Außenhandelsrechts einhalten.
Die Gründung erfolgt in mehreren Schritten:
- Vorbereitung der Gründung (Festlegung möglicher Firmierungen, Unternehmensgegenstand, Bestimmung des Sitzes und der Geschäftsadresse, Festlegung der vorgeschlagenen Geschäftsführer, Gesellschafter und der Beteiligungsstruktur der Gesellschaft, etc.).
- Beschlussfassung hinsichtlich der Gründung einer indischen Private Limited Company, sofern als Gründungsgesellschafter eine juristische Person involviert ist.
- Vorabreservierung der Firmierung
- Die Verfügbarkeit der Firmierung und die ersten Gründungsunterlagen werden vom sog. Ministry of Corporate Affairs überprüft.
- Im Falle der Bestätigung wird die Firmierung für einen Zeitraum von 20 Tagen reserviert und kann zweimal um jeweils weitere 20 Tage verlängert werden.
- Finalisierung der Gründungsunterlagen (Subscriber Sheets, PAN Undertaking, Formular INC-9, Zustimmung der Geschäftsführer, etc.), einschließlich der Unterzeichnung, notariellen Beglaubigung und Apostillierung / Konsularisierung der relevanten Dokumente sowie Einreichung des Gründungsantrags auf dem Portal des Ministry of Corporate Affairs.
- Eröffnung des Bankkontos bei einer indischen Bank. Je nach internen Abläufen der Banken kann die Eröffnung eines Bankkontos zeitaufwendig sein. Daher sollten die erforderlichen Informationen und Dokumente im Voraus mit potenziellen Banken geklärt werden.
- Einzahlung der Stammeinlage.
Anfallende Kosten
Neben Beratungs- und Registrierungskosten fallen Kosten für die Gründungsunterlagen an. Diese können aufgrund der Anzahl der Dokumente und der erforderlichen Formalitäten (Übersetzung, notarielle Beglaubigung und Legalisierung) einen vierstelligen Eurobetrag ausmachen.
Dauer der Gründung
Sofern man mit dem genauen Ablauf der Gründung vertraut ist, ist eine Gründung innerhalb von ca. ein bis zwei Monaten möglich.
Compliance-Verpflichtungen
Gesellschaften sind verpflichtet, bei den jeweiligen Registrierungsstellen im vorgeschriebenen Format gemäß CA 2013 regelmäßig vorgeschriebene Unterlagen einzureichen, z. B. Jahresabschlüsse, Finanzberichte, Berichte der Geschäftsführung und der Wirtschaftsprüfer sowie Know-Your-Customer-Formulare. Es gibt zudem bestimmte ereignisbasierte Berichte, wie z. B. die Meldung von Änderungen, Ernennungen oder Abberufungen von Geschäftsführern sowie die Erklärung über bedeutende wirtschaftliche Eigentumsverhältnisse.
Darüber hinaus ist die Gesellschaft verpflichtet, ihre Geschäftsbücher, Register und Sitzungsprotokolle auf dem aktuellen Stand zu halten und regelmäßige Geschäftsführersitzungen sowie jährliche Gesellschafterversammlungen abzuhalten. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft müssen jährlich geprüft und der Geschäftsführung zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt und dann von den Gesellschaftern in einer jährlichen Gesellschafterversammlung festgestellt werden.
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass alle privaten Unternehmen in Indien verpflichtet sind, physische Geschäftsanteile vor jeder Ausgabe oder jedem Rückkauf von Geschäftsanteilen oder jeder Übertragung durch einen Gesellschafter bis zum 30. Juni 2025 in elektronische Geschäftsanteile umzuwandeln. Nach dem 30. Juni 2025 darf jede Übertragung von Geschäftsanteilen durch einen Gesellschafter einer indischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder jede Ausgabe oder jeder Rückkauf von Geschäftsanteilen durch die Gesellschaft nur dann vorgenommen werden, wenn die Geschäftsanteile in elektronische Form umgewandelt wurden. Der Umwandlungsprozess muss entweder bei der National Securities Depository Limited oder der Central Depository (Services) India Limited durchgeführt werden, den beiden Verwahrstellen in Indien.[1]
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Aufstiegs Indiens ist die Gründung einer indischen Private Limited Company eine hoch relevante Option für deutsche Unternehmen.
Eine sorgsame Koordinierung und Überwachung des Gründungsprozesses, insbesondere der Gründungsunterlagen, ist jedoch zwingend erforderlich, um Komplikationen zu vermeiden und Zeit zu sparen.
Gerne unterstützen wir Sie gemeinsam mit unseren Kollegen vor Ort bei allen Aspekten der Gründung einer Gesellschaft in Indien. Auch bei weiteren rechtlichen Fragen mit Bezug zu Indien stehen wir gerne zur Verfügung.
Über Dentons Link Legal
Die 1999 gegründete Wirtschaftskanzlei Dentons Link Legal ist mit über 50 Partnern und 200 Anwälten als Full-Service-Einheit aufgestellt. Mit Büros in allen größeren Städten Indiens und dem Zugang zu mehr als 160 Büros in über 80 Ländern weltweit über die globale Aufstellung von Dentons, ist Dentons Link Legal in der Lage, Sie mithilfe eines Teams aus erfahrenen, gut ausgebildeten und qualifizierten Anwälten bei der Erreichung Ihrer Geschäftsziele zu unterstützen. www.dentonslinklegal.com
[1] Verwahrstellen sind beim Securities and Exchange Board of India registriert und bewahren Geschäftsanteile auf.