Skip to content

Präsentiert von

Corporate Law Blog

open menu close menu

Corporate Law Blog

  • Startseite
  • Unsere Kompetenz
  • Podcasts

LG Frankfurt am Main zur unzulässigen Umgehung eines Stimmrechtsverbots gemäß § 136 AktG

Von Julia Sieber
31 Juli 2025
  • Hauptversammlung
Teilen auf Facebook Teilen auf Twitter Teilen via E-Mail Teilen auf LinkedIn

Ein aktuelles Urteil des LG Frankfurt am Main (vom 13. Juni 2025 – 3-05 O 133/24) beleuchtet die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen aufgrund unzulässiger Umgehung eines Stimmrechtsverbots: Werden im Vorfeld der Hauptversammlung Aktien auf eine nicht von einem Stimmverbot betroffene Person übertragen, soll diese Person aber im Sinne des vom Stimmverbot Betroffenen abstimmen, kann das Stimmverbot auch in der Person des Dritten bestehen. Eine Umgehung eines Stimmverbots dürfe aber nur in deutlichen Fällen angenommen werden. Folgen Anteilsübertragung und Abstimmung zeitlich unmittelbar aufeinander und hat der Übertragende rechtlich die Möglichkeit geschaffen, die Rückübertragung der Aktien zu erreichen, deute dies im Sinne des Anscheinsbeweises auf eine unzulässige Umgehung des Stimmrechtsverbots hin.

Sachverhalt

Der Fall betrifft eine Aktiengesellschaft, deren Hauptversammlung im November 2024 mehrere Beschlüsse fasste, die später angefochten wurden. Der Hauptversammlungsbeschluss, der durch das Landgericht nun wegen unzulässiger Umgehung eines Stimmrechtsverbots für nichtig erklärt wurde, hatte die Aufhebung eines Beschlusses der vergangenen Hauptversammlung 2023 zum Gegenstand, der unter anderem die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Hauptaktionärin anordnete. Die Hauptaktionärin war zum Zeitpunkt der Hauptversammlung 2023 mit über 81% an der Aktiengesellschaft beteiligt. Am Tag der Hauptversammlung 2024 hielt sie dann nur noch knapp 63%, da sie 19 Tage vor der Hauptversammlung Aktien im Umfang von 19% des Grundkapitals an ein mit ihr verbundenes Unternehmen (A) übertragen hatte. Im Anschluss an die Übertragung der Aktien führte die A sodann eine Kapitalerhöhung durch, wodurch die Anteile der Hauptaktionärin an der A verwässert wurden, sodass A nun nicht mehr als verbundenes Unternehmen der Hauptaktionärin zu qualifizieren war. In der Hauptversammlung im November 2024 stimmte die A dann für die Aufhebung der Beschlüsse aus 2023 zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die Hauptaktionärin, wohingegen die Klägerin, die Anteile in Höhe von knapp 17% des Grundkapitals hielt, und die weiteren Aktionäre dagegen stimmten. Die Hauptaktionärin stimmte nicht mit, da sie einem Stimmrechtsverbot gemäß § 136 Abs. 1 S.1 Alt. 3 AktG unterlag. Der Beschluss zur Aufhebung der Beschlüsse aus 2023 wurde mit rund 51% der gültigen Stimmen gefasst.

Annahme einer unzulässigen Umgehung des Stimmrechtsverbots nur in deutlichen Fällen

Gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 3. Alt. AktG kann niemand für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll. Werden Aktien auf eine nicht von einem Stimmverbot betroffene Person übertragen, soll diese Person aber – etwa aufgrund eines Näheverhältnisses oder konkreter Vorgaben im Rahmen eines Treuhandverhältnisses – im Sinne des vom Stimmverbot Betroffenen abstimmen, könne das Stimmverbot auch in der Person des Dritten bestehen. Da es sich bei einem Stimmrechtsverbot um einen schwerwiegenden Eingriff in die durch die Mitgliedschaft vermittelten Rechte handele, dürfe eine Umgehung aber nur in deutlichen Fällen angenommen werden. Es bedürfe – so das LG Frankfurt am Main – tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass die Aktien mit dem Ziel der Umgehung des Stimmverbots übertragen wurden und der Neuaktionär im Sinne des Übertragenden abstimmen wird.

Indizien für Umgehung bei Aktienübertragungen im Vorfeld der Beschlussfassung

Ein Anscheinsbeweis für eine unzulässige Umgehung des Stimmrechtsverbots sei beispielsweise bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Anteilsübertragung und Abstimmung und der rechtlichen Möglichkeit des Hauptaktionärs, eine Rückübertragung zu bewirken, gegeben; dieser Anscheinsbeweis könne vom Neuaktionär allerdings noch erschüttert werden. Im vorliegenden Fall habe der Beweis des ersten Anscheins den gesamten Umständen nach für das Vorliegen einer unzulässigen Umgehung des Stimmverbots durch die Hauptaktionärin gesprochen. Hauptindiz war die große zeitliche Nähe der Übertragung von 19% des Grundkapitals durch die Hauptaktionärin und der streitgegenständlichen Hauptversammlung sowie die enge zeitliche Abfolge der einzelnen Maßnahmen: Anteilsübertragung an die A, Kapitalerhöhung bei der A zur Verwässerung der Anteile der Hauptaktionärin an der A und streitgegenständliche Hauptversammlung fanden innerhalb von 19 Tagen statt. Auch die Höhe der an A übertragenen Beteiligung, die gerade ausreichend war, um mit der erforderlichen Mehrheit gegen die anderen Aktionäre mit Ausnahme der einem Stimmverbot unterliegenden Hauptaktionärin den Beschluss zu fassen, spreche für eine Umgehung des Stimmrechtsverbots. Ferner deute die Strukturierung des Aktienerwerbs laut Gericht auf eine Umgehung hin, unter anderem weil auf der Hand läge, dass die zwischen Anteilsübertragung und Hauptversammlung erfolgte Kapitalerhöhung bei der A mit der Folge der Verwässerung der Beteiligung der Hauptaktionärin an der A dazu dienen sollte, dass A nicht einem Stimmverbot unterliege.

Rechtsfolge: Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses

Nach Ansicht des Gerichts hatte A demnach die Aktien jedenfalls auch zur Umgehung des gegen die Hauptaktionärin gerichteten Stimmrechtsverbots erworben, weshalb das Stimmrechtsverbot gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 AktG auch bei der A bestanden habe. Da der Anscheinsbeweis für eine unzulässige Umgehung des Stimmverbots nicht erschüttert werden konnte, war der Hauptversammlungsbeschluss, der nur durch die fehlerhafte Berücksichtigung der Stimmen der A gefasst wurde, für nichtig zu erklären.

Teilen auf Facebook Teilen auf Twitter Teilen via E-Mail Teilen auf LinkedIn
Abonnieren und auf dem Laufenden bleiben
Erhalten Sie unsere neuesten Blogbeiträge per E-Mail.
Bleiben Sie in Kontakt
Hauptversammlung, Stimmrechtsverbot, Stimmverbot
Julia Sieber

Über Julia Sieber

Julia Sieber ist Counsel im Frankfurter Büro von Dentons und Mitglied der Praxisgruppe Gesellschaftsrecht. Sie berät Gesellschaften aller Rechtsformen auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei im Bereich des Aktien- und Konzernrechts und umfasst unter anderem die Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen börsennotierter Gesellschaften sowie die Umstrukturierung von Unternehmen, auch mit grenzüberschreitendem Bezug. Sie berät Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte in sämtlichen Fragen des Gesellschaftsrechts einschließlich Fragen der Corporate Governance, Compliance und Haftung.

Alle Posts

Verwandte Posts

  • ESG
  • Hauptversammlung

Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) veröffentlicht

Von Julia Sieber
  • Hauptversammlung

Handyverbot auf Hauptversammlung: Eingriff in das Teilnahmerecht des Aktionärs

Von Julia Sieber
  • Börsennotierte AG
  • Hauptversammlung

Bürokratieentlastung für börsennotierte Unternehmen – Änderungsvorschlag zum Entwurf eines vierten Bürokratieentlastungsgesetzes

Von Julia Sieber und Dr. Milan Schäfer

Über Dentons

In über 80 Ländern unterstützt Dentons Sie mit einer einzigartig globalen Aufstellung und lokal exzellenten Rechtsberatung bei allen Wachstumsbestrebungen, der Abwehr von Risiken, im operativen Geschäft und in sämtlichen Finanzierungsfragen. Dabei engagieren wir uns für Inklusion und Vielfalt, soziale Teilhabe und Nachhaltigkeit. Mit unserem polyzentrischen und zielorientierten Ansatz konzentrieren wir uns auf das, was für Sie am wichtigsten ist. www.dentons.com

Kategorien

  • Aufsichtsrat
  • Börsennotierte AG
  • Corporate Governance
  • Corporate Litigation
  • Digitalisierung
  • ESG
  • Haftung
  • Hauptversammlung
  • Kapitalmarkt-Compliance
  • Kapitalmaßnahmen
  • Mergers & Acquisitions
  • Venture Capital
  • Vorstand/Geschäftsleitung

© 2025 Dentons

  • Impressum
  • Datenschutzerklärung
  • Nutzungsbedingungen