Der BGH hat bestätigt, dass das Verbot, an der Hauptversammlung nur ohne Mitführung von Geräten teilzunehmen, die auch zur Fertigung von Bild- oder Tonaufnahmen geeignet sind, einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Teilnahmerecht aus § 118 AktG darstellen kann.
Sachverhalt
Dem die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückweisenden Beschluss des BGH (vom 8. Juli 2025 – II ZR 24/24) lag folgender Sachverhalt zugrunde: In der Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten, einer Aktiengesellschaft, hieß es: „Zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Hauptversammlung und zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Aktionäre werden Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptversammlung nicht gestattet sein. Geräte, die sich zur Bild- oder Tonaufnahme eignen, dürfen von den Aktionären nicht mitgeführt werden. Am Eingang wird eine Einlasskontrolle durchgeführt werden.“ Am Tag der Hauptversammlung wurde Aktionären, die sich geweigert hatten, bei der Einlasskontrolle ihre Mobiltelefone und Laptops abzugeben, der Zutritt zur Hauptversammlung verwehrt.
Ordnungsmaßnahmen müssen sachlich erforderlich und verhältnismäßig sein
Der BGH bestätigte die vom Berufungsgericht (KG, Urteil vom 26. Januar 2024 – 14 U 122/22) vorgenommene Wertung dessen als einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Teilnahmerecht der Aktionäre aus § 118 AktG.
Das KG hatte entschieden, dass das Verbot der Teilnahme an der Hauptversammlung ausschließlich ohne das Mitführen bestimmter privater Endgeräte im vorliegenden Fall einem allgemeinen Teilnahmeverbot entsprochen habe, da das Mitführverbot nicht von der Ordnungsbefugnis des Versammlungsleiters gedeckt war. Ordnungsmaßnahmen haben sich am Gebot der Sachlichkeit zu orientieren sowie das Gleichbehandlungsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren.
Schon im Hinblick auf die Erforderlichkeit äußerte das KG erhebliche Zweifel, da als milderes Mittel beispielsweise das Blockieren der Kameras in den vom Verbot betroffenen Endgeräten mittels kostengünstig erhältlicher Siegel in Betracht gekommen wäre (wie dies z.B. bei Werksbesichtigungen von sicherheitsrelevanten Bereichen Standard sei).
Jedenfalls sei, so das KG, das Verbot aber nicht angemessen gewesen, weil es außer Verhältnis zum verfolgten Zweck, der Vermeidung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der übrigen Teilnehmer der Hauptversammlung, gestanden habe. Der befürchtete Eingriff in das Persönlichkeitsrecht betreffe im Falle von – auch beschränkt – öffentlichen Versammlungen nicht die Privatsphäre mit der Folge eines strengeren Maßstabs für die Zulassung von Eingriffen; betroffen sei vielmehr nur die Sozialsphäre, die naturgemäß Abstufungen kenne. Zudem bestünde lediglich eine abstrakte Gefahr von Rechtsverletzungen. Auf der anderen Seite der Abwägung sei zu beachten, dass das Mitführverbot die schützenswerten Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre erheblich beeinträchtige.
Gesellschaft muss Aktionär eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte ermöglichen
Der BGH bestätigte nun die Wertung des Verbots als unverhältnismäßigen Eingriff in das Teilnahmerecht der Aktionäre. Es entspricht, so der BGH, allgemeiner Meinung, dass Ausfluss des aktienrechtlichen Teilnahmerechts aus § 118 AktG grundsätzlich auch der ungehinderte Zugang zu den Versammlungsräumen bzw. deren Zugänglichkeit unter zumutbaren Bedingungen ist, und die Gesellschaft verpflichtet ist, dem einzelnen Aktionär eine ungehinderte und sachgemäße Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen und alles zu unterlassen, was dieses Recht beeinträchtigen könnte. Danach kann auch das Verbot, an der Hauptversammlung nur ohne Mitführung von Geräten, die auch zur Fertigung von Bild- oder Tonaufnahmen geeignet sind, einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Teilnahmerecht aus § 118 AktG darstellen. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.